"Bei jedem Spaziergang mit der Natur erhält man weit mehr, als man sucht". - John Muir
Im Jahr 1984 führte eine einflussreiche Studie von Roger Ulrich, die in der Zeitschrift Science veröffentlicht wurde, eine heute viel diskutierte Idee ein: Selbst ein passiver Blick auf die Natur kann das menschliche Wohlbefinden beeinflussen. In einem Krankenhaus wurden Patienten, die sich von einer Operation erholten, in zwei Gruppen aufgeteilt - die mit Blick auf Bäume und die mit Blick auf eine Backsteinmauer. Die Gruppe mit dem Blick auf die Natur hatte einen kürzeren Krankenhausaufenthalt und benötigte weniger Schmerzmittel (Ulrich, 1984).
Obwohl die Studie mit Einschränkungen behaftet war (kleine Stichprobengröße, nicht randomisierte Gruppen), markierte sie den Beginn einer umfangreichen empirischen Forschung, die den Zusammenhang zwischen Natur und psychischer Gesundheit untersucht.
Doch schon lange vor den wissenschaftlichen Studien erkannten viele Kulturen die erholsame Kraft der Natur. Im antiken Griechenland gehörte die Anlage von Heilgärten zur medizinischen Praxis. In den asiatischen Traditionen ist die Harmonie mit der natürlichen Welt nach wie vor ein zentraler Bestandteil der Konzepte von Gleichgewicht und Wohlbefinden. In Japan entwickelte sich die Praxis des Shinrin-yoku, des Waldbadens, als achtsames Eintauchen in die natürliche Umgebung zur Förderung des körperlichen und geistigen Wohlbefindens. Im 19. Jahrhundert, als es noch keine Antibiotika gab, wurden Sanatorien zur Behandlung von Tuberkulose absichtlich in bewaldeten oder bergigen Gebieten gebaut, weil man glaubte, dass frische Luft und Natur die Genesung fördern.
Heute schließt sich die moderne Wissenschaft dieser langjährigen Intuition an. Vier Jahrzehnte und Tausende von Zitaten später ist die Beweislage eindeutig: Regelmäßiger Kontakt mit der Natur, ob direkt oder indirekt, wird mit besserer Stimmung, weniger Stress, besserer Aufmerksamkeit und allgemeinem psychologischen Wohlbefinden in Verbindung gebracht.
Die Forschung erstreckt sich inzwischen auf verschiedene Bevölkerungsgruppen, Umgebungen und Methoden, und die Ergebnisse sind beeindruckend:
Diese Auswirkungen sind nicht nur psychologischer Natur. Sie werden zunehmend durch physiologische und neurowissenschaftliche Daten gestützt - wie EEG-Messungen, Herzfrequenzvariabilität und Stress-Biomarker im Speichel.
Es gibt mehrere Erklärungsansätze, warum die Natur das psychische Wohlbefinden so stark beeinflusst:
Diese Theorie besagt, dass die Natur unsere Aufmerksamkeit auf eine sanfte, mühelose Weise fesselt, die als "sanfte Faszination" bezeichnet wird. Dadurch kann sich unsere gerichtete Aufmerksamkeit (die für Aufgaben und Problemlösungen verwendet wird) von der Ermüdung erholen.
Der Mensch hat sich so entwickelt, dass er Landschaften bevorzugt, die Sicherheit und Ressourcenreichtum signalisieren. Natürliche Szenarien wie Bäume, Wasser und offene Flächen verringern die physiologische Erregung und fördern die Ruhe.
Die von E.O. Wilson aufgestellte Biophilie-Hypothese besagt, dass der Mensch eine angeborene Neigung hat, Verbindungen zur Natur und zu anderen Lebensformen zu suchen. Diese Verbindung ist nicht nur emotional, sondern auch evolutionär und anpassungsfähig.
Der Zugang zur Natur ist nicht gleichmäßig verteilt. Stadtplanung, sozioökonomische Faktoren und die geografische Lage spielen alle eine Rolle. Die gute Nachricht ist jedoch: Selbst ein indirekter Kontakt zur Natur kann das Wohlbefinden fördern.
So geht's:
Selbst wenn ein tiefes Eintauchen in die Natur nicht möglich ist, kann die Gestaltung einer passiven Exposition durch Licht, Geräusche, visuelle Eindrücke oder Grünflächen die Heilung durch die Natur fördern.
Die Erkenntnisse sprechen nicht nur für individuelle Maßnahmen, sondern auch für einen Wandel auf Systemebene. Schulen, Gesundheitseinrichtungen und Büros können natürliche Elemente einbeziehen, um das kognitive und emotionale Wohlbefinden zu fördern.
Beispiele hierfür sind:
Die Natur ist kein Luxus, sie ist ein veränderbarer Faktor in der Gleichung der öffentlichen Gesundheit. Da wir mit zunehmendem Stress, Bildschirmzeit und Verstädterung zu kämpfen haben, bietet der Biophilie-Effekt eine kostengünstige, evidenzbasierte Möglichkeit, gesündere Gemeinschaften aufzubauen.
Sich gut zu fühlen, sich besser zu konzentrieren und mit Stress umzugehen, ist für das menschliche Wohlbefinden von grundlegender Bedeutung. Die wachsende Zahl von Forschungsergebnissen bestätigt, was viele Kulturen schon lange wissen: Die Natur fördert die psychische Gesundheit.
Selbst der Blick aus dem Fenster auf Bäume, ein paar Zimmerpflanzen oder Vogelgezwitscher können eine erholsame Reaktion auslösen. Und obwohl direkte, intensive Naturerlebnisse ideal sind, können auch kleine tägliche Interaktionen mit der Natur, sowohl real als auch simuliert, eine messbare Wirkung haben.
Wenn es darum geht, mit der Natur zu heilen, beginnt es manchmal mit etwas so Einfachem wie einem Blick aus dem Fenster.
Der Biophilie-Effekt bezieht sich auf die positiven geistigen und körperlichen Reaktionen, die der Mensch erfährt, wenn er sich mit der Natur verbindet, und die auf unserem angeborenen evolutionären Drang beruhen, sich mit dem Leben zu verbinden.
Öko-Therapie beinhaltet strukturierte oder unstrukturierte Aufenthalte in der Natur, um das psychische Wohlbefinden zu verbessern. Das kann von Waldspaziergängen über Gartenarbeit bis hin zum Aufenthalt im Freien reichen.
Ja. Studien zeigen, dass virtuelle Naturerlebnisse (Videos, VR, Klänge) Stress abbauen, die Stimmung verbessern und die kognitive Leistung steigern können, sogar in kontrollierten Umgebungen wie Krankenhäusern oder Klassenzimmern.
Wenn man mindestens 120 Minuten pro Woche in der Natur verbringt, steigt das Wohlbefinden unabhängig von Alter und Gesundheitszustand.
Von Impact mit Liebe,
Mirta Zupan
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